Megaösophagus
09.09.2022 13:37

von Alexandra Ritter

Wahrscheinlich haben die Meisten von Euch noch nie etwas von einem Megaösophagus gehört, obwohl er beim Malinois nicht ganz so selten vorzukommen scheint.

Grund hierfür ist, dass Welpen mit einem angeborenen Megaösophagus oft schon vor der Abgabe eingeschläfert werden. Manchmal vielleicht zu voreilig, aber oft auch da keine Behandlungsmöglichkeit besteht. Es gibt wohl wenige Hunde, die mit dieser Erkrankung alt werden. Der angeborene Megaösophagus kann sich allerdings beim Welpen spontan zurückbilden.

Es gibt verschiedene Formen des Megaösophagus für welche ich jeweils ein Fallbeispiel von Züchtern, Besitzer und einem Tierarzt der betroffenen Malinois bekommen habe.
Bei der Diagnose Megaösophagus sprechen Tierärzte über eine der anstrengendsten Erkrankungen für die Hundebesitzer, da die Fütterung und Wasserzufuhr ein Leben lang sehr aufwendig ist.

WAS IST EIN MEGAÖSOPHAGUS?



Der Megaösophagus ist eine Speiseröhrenerweiterung mit der Folge, dass der Hund Futter und/ oder Wasser nicht bei sich behalten kann.

Die gesunde Speiseröhre (Ösophagus) ist ein hohler und muskulöser Schlauch, der durch rhythmisches Zusammenziehen der Muskulatur, Futter und Wasser in den Magen befördert. Die Muskulatur hält zudem die Speiseröhre geschlossen.



Einen Megaösophagus kann man sich dagegen als einen schlaffen Sack mit erschlaffter Speiseröhrenmuskulatur vorstellen, der sich nicht zusammenziehen kann und sich mit Luft füllt. Die Speiseröhre ist ausgeweitet und es kann zu einer massiven Vergrößerung kommen, daher der Namenszusatz „mega“. Eine normale Muskelaktivität findet nicht mehr statt und das abgeschluckte Futter oder Wasser bleibt in der Speiseröhre stecken, bzw. setzt sich in dem erweiterten, ausgesackten Teil der Speiseröhre fest und gelangt nicht in den Magen.



SYMPTOME DES MEGAÖSOPHAGUS



Bei einem angeborenen Megaösophagus bemerkt meist der Züchter schon, dass den betroffenen Welpen nach dem Säugen die Milch wieder aus der Nase oder dem Maul fließt und/ oder später bei Umstellung auf feste Nahrung, das Futter kurz nach dem Fressen regurgitiert wird.
Regurgitieren bedeutet, dass bereits abgeschlucktes Futter oder Wasser wieder zurück in das Maul des Hundes gedrängt und vom Hund ausgewürgt wird. Das ausgewürgte Futter stammt nicht aus dem Magen, sondern aus der Aussackung der Speiseröhre, die typisch pressenden Bauchbewegungen und Übelkeit des Erbrechens bleiben aus. Das Regurgitieren wird von den Hundebesitzern fälschlicherweise oft mit Erbrechen verwechselt. Der Auswurf erfolgt spontan, ohne Vorzeichen. Das passiv zurücklaufende Futter ist meist unverdaut und kann mit Schleim (eingespeichelt) überzogen sein. Meistens regurgitieren die Hunde unmittelbar nach der Futteraufnahme, es kann aber auch mehrere Stunden später erfolgen. Liegt die Nahrung längere Zeit in der erweiterten, ausgesackten Speiseröhre, wird sie dort durch Bakterien zersetzt. Dies kann zu einer Entzündung der Schleimhäute der Speiseröhre führen. Daher sind Maulgeruch und Entzündungen im Maul und Rachen weitere Symptome.

Durch die Luftansammlung in der Speiseröhre kann es zu auffälligen Gluckergeräuschen bei Bewegung kommen.

Oft wird auch ein vermehrter Speichelfluss beschrieben und Probleme beim Schlucken, was dazu führt, dass die betroffenen Hunde sich an der Nahrung oder Wasser verschlucken und husten. Durch das Verschlucken und Regurgitieren können Futterpartikel eingeatmet werden, was zu einer Lungenentzündung (Aspirationspneumonie) führen kann.

Ein weiteres Symptom ist der Gewichtsverlust. Die fortwährende Passagehemmung ruft eine Mangelernährung hervor.

DREI FORMEN DES MEGAÖSOPHAGUS



Es gibt zwei erblich bedingte Formen, der angeborene Megaösophagus und eine Hemmungsmissbildung (Persistierender rechter Aortenbogen). Die dritte Form ist der erworbene Megaösophagus.

ANGEBORENER MEGAÖSOPHAGUS:



Der angeborene Megaösophagus ist erblich bedingt. Besonders betroffen sind laut Literatur die Rassen, Sha-Pei, Foxterrier, Deutscher Schäferhund, Deutsche Dogge, Irish Setter, Labrador Retriever, Zwergschnauzer und Neufundländer.
Der Erbgang ist je nach Rasse unterschiedlich. Beim Foxterrier wird er als autosomal rezessiv beschrieben, beim Zwergschnauzer als autosomal rezessiv mit 60% Penetranz.

Die betroffenen Welpen werden meist in einem Alter von nur wenigen Wochen bis zu wenigen Monaten beim Tierarzt vorgestellt. In der Regel erfolgt die Vorstellung wegen Regurgitieren, was vom Besitzer meist mit Erbrechen verwechselt wird und der damit verbundenen Gewichtsabnahme oder aber aufgrund einer akuten Aspirationspneumonie (verursacht durch Nahrung die in die Luftröhre gelangt und eingeatmet/ aspiriert wird und zu einer Lungenentzündung führt).
Der angeborene Megaösophagus kann sich gelegentlich bis zu einem Alter von 6 Monaten spontan zurück bilden. Eine medikamentöse oder chirurgische Behandlung ist nicht möglich. Die meisten Hunde, bei denen sich der angeborene Megaösophagus nicht spontan zurück bildet, sterben an einer akuten Aspirationspneumonie oder an einer Lungenfibrose (Verhärtung der Lunge).

FALLBEISPIEL NR.1
Mein Fallbeispiel Nr. 1 ist recht kurz, da es in diesem Fall ein „Happy End“ gab. Zwei Malinois Welpen mit einem Megaösophagus wurden bei einem Tierarzt vorgestellt. Bei beiden Welpen hat sich der Megaösophagus zurück gebildet und beide sind zu gesunden Hunden ohne jegliche Folgeprobleme herangewachsen. Einen der beiden Welpen hat der Tierarzt selbst behalten.

Vielen Dank an den behandelnden Tierarzt und Besitzer für die Schilderung.

Zitat
„Ich kenne insgesamt drei Hunde , zwei Malinois und einen Schnauzer , bei denen im Welpenalter ( ca. ab der 4 Lebenswoche) Symptome auftraten ( Erbrechen kurz nach dem Fressen, Regurgitieren ) und die Diagnose mittels Kontraströntgen gesichert wurde. Die Symptomatik bildete sich bis zum sechsten Lebensmonat zurück. Bei keinem der Hunde war eine lebenslange Therapie oder entsprechende Maßnahmen nötig .“

(Zitat Tierarzt/ Besitzer anonym)



In diesem Fall gab es ein glückliches Ende für die betroffenen Welpen. Allerdings möchte ich auch erwähnen, dass viele Welpen dieses Glück nicht haben und bereits frühzeitig sterben oder eingeschläfert werden (müssen).

PERSISTIERENDER RECHTER AORTENBOGEN:



Der persistierende rechte Aortenbogen ist ein Sonderfall, da es sich eigentlich um eine Verengung der Speiseröhre handelt, die dann zu einer Ausweitung führt.

Der persistierende rechte Aortenbogen ist eine Hemmungsmissbildung. Hier entwickelt sich die Aorta in der Embryonalentwicklung nicht wie normal aus der linken, sondern aus der rechten, vierten Kiemenbogenaterie. Dadurch wird die Speiseröhre zwischen der Aorta, der Truncus pulmonalis (elastische, herznahe Arterie) und dem Ligamentum arteriosum (Kleines Band welches die Oberseite der linken Lungenarterie mit der herznahen Aorta descendens verbindet) eingeklemmt. Es kommt zu einer mechanischen Verengung der Speiseröhre.



Die Verengung wiederum führt zu einer Ausweitung (Dilatation) der Speiseröhre die mechanisch hervorgerufen wird, wenn die betroffenen Welpen von Milch auf feste Nahrung umgestellt werden. Das feste Futter kann die Engstelle nicht passieren und die Speiseröhre weitet sich an dieser Stelle dadurch aus.



Die mechanische Einengung der Speiseröhre kann durch eine chirurgische Durchtrennung des Ligamentum arteriosum behoben werden. Wird der Eingriff noch rechtzeitig vorgenommen, so kann sich der Megaösophagus zurück bilden. Erfolgt der Eingriff zu spät kann die Ausweitung trotz Behebung der Engstelle erhalten bleiben.
Von dieser Form sind überdurchschnittlich häufig die Rassen Boston Terrier, Deutscher Schäferhund und Irish Setter betroffen.

Auch diese Form des persistierenden rechten Aortenbogen ist erblich. Der Erbgang ist polygen. Es handelt sich um eine Hemmungsmissbildung der Kiemenbogenarterien, an der sowohl genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse beteiligt sind. Betroffene Hunde sollten von der Zucht ausgeschlossen werden.

FALLBEISPIEL NR. 2:

Vielen Dank an die Malinoiszüchterin für ihre Schilderung.

Zitat
„Der Wurf mit 6 Hündinnen und 1 Rüden war problemlos bei der Geburt, alle Welpen waren agil und fit. Es gab keine Anzeichen für irgendein Problem oder Anlass zur Sorge. Nach etwa 10 Tagen kam beim einzigen Rüden des Wurfes etwas Milch aus der Nase. Wir schenkten dem keine Beachtung und beobachteten ihn weiter. Tags darauf war es wieder so. Ein wenig Milch floss aus der Nase nach dem Trinken , ansonsten war der kleine Rüde fit und agil. Wir fragten beim Tierarzt nach und der riet uns, ihn zuletzt an die Zitzen anzusetzen, da er wohl zu hastig trank. Die Mutterhündin hatte wie in den vorherigen Würfen genug Milch und so erschien uns dieser Rat einleuchtend. Leider wurde es nicht besser, stattdessen war es so, dass nun etwa 5 Minuten nach dem Trinken auch Milch aus dem Maul kam….nun wurden wir unruhig und gingen mit ihm zu unserem Tierarzt. Da wir sicher sein konnten, dass der Welpe keinen Fremdköprer zu sich genommen haben konnte, stimmten wir einer Röntgenaufnahme mit Kontrastmittel zu. Darauf war zu sehen, dass die Speiseröhre nur einen engen Durchlass für die Nahrung freigab. Nichtsdestotrotz nahm der Welpe zu, obwohl er immer wieder regurgitierte , wie man uns beim Tierarzt sagte. Das bedeutet, dass sich die Milch im oberen Teil der Speiseröhre sammelte und dann nach etwa 5 Minuten Verweildauer wieder herausbefördert wurde. Es war aber kein klassisches Erbrechen, da die meiste Milch ja nicht einmal bis zum Magen kam. Unser Tierarzt riet uns, zu einem Spezialisten zu gehen, was wir auch taten. Leider machte uns dieser keinerlei Hoffnung auf Genesung, da es in der Literatur nur wenige bekannte Fälle gab, die zu einem viel späteren Zeitpunkt beim Umstellen auf feste Nahrung , etwa mit 12 Wochen oder später diese Symptome zeigten. Eine Operation wurde wohl erst einmal bei einem Welpen im Alter von 16 Wochen durchgeführt und der Welpe verstarb trotz Operation. Nachdem unser Rüde ja erst 3 Wochen alt war, war für uns klar, dass es keine OP Möglichkeit gab, was wir nach eigener Recherche auch abgelehnt hätten. Wir ließen den Rüden nach dieser niederschmetternden Diagnose noch 3 Tage bei seinen Geschwistern, er trank , nahm aber nun deutlich langsamer zu als die anderen, und regurgitierte die Menge der Milch dann wie im Schwall wieder heraus. Das war für uns das Zeichen, ihn zu erlösen, da er sonst verhungert wäre. Ein furchtbarer Gang zum Tierarzt mit einem Welpen, der bis zum Schluss gekämpft hat. Mit etwas über 3 Wochen haben wir ihn über die Regenbogenbrücke gehen lassen. Alle Hündinnen aus diesem Wurf sind bis heute kerngesund. Nur der Rüde wies diese Fehlbildung auf.“

(Zitat Malinoiszüchterin anonym)



Für eine Operation war der kleine Rüde meines Fallbeispiels wohl leider noch viel zu jung. In der Literatur fallen die Prognosen bei einer Operation optimistischer aus.
Die Tierklinik Posthausen nimmt diese Operationen am offenen Brustkorb vor und berichtet hier über den Fall einer 9 Wochen alten Australien Shepherd Hündin mit positivem Ausgang.

ERWORBENER MEGAÖSOPHAGUS



Beim Hund entsteht der erworbene Megaösophagus meist idiopathisch (ohne erkennbare Ursache), aber auch eine ganze Reihe von Erkrankungen können für ihn verantwortlich sein.
Oft ist der Megaösophagus nicht die eigentliche Erkrankung, sondern lediglich das Symptom einer ganz anderen Erkrankung, wie z.B. muskelschwächende Erkrankungen (Myasthenie, sog. Muskelschwäche oder Muskelentzündungen), Hormonstörungen, Autoimmunerkrankungen oder Erkrankungen der Nerven, Neuropathien (für eine einwandfreien Funktion der Speiseröhre sind auch Nerven beteiligt). Auch eine Schilddrüsenunterfunktion oder Nebennierenrindenunterfunktion, wie das Addison Syndrom können einen Megaösophagus verursachen. Der erworbene Megaösophagus kann auch Folge einer Raumforderung (z.B. durch Tumore, Abszesse oder Fremdkörper) oder einer Vergiftung (z.B. Bleivergiftung) sein.

Der erworbene Megaösophagus kann in jedem Alter entweder als idiopathische Störung oder sekundär zu anderen Erkrankungen auftreten. Es gibt hier keine Prädispositionen nach Alter oder Rasse.

Der erworbene Megaösophagus ist nicht direkt erblich, wohl aber verschiedene Erkrankungen aus welchem er entstanden sein kann. So haben Rassen mit einer Veranlagung für z.B. Hypothyreose oder Addison, bedingt durch diese Krankheiten, ebenfalls ein erhöhtes Risiko für einen erworbenen Megaösophagus.

Bei einer erfolgreichen Behandlung der Grunderkrankung wird die Prognose für diese Hunde in der Literatur als gut beschrieben.

FALLBEISPIEL NR. 3

Vielen Dank für die Schilderung und Hilfe der Malinois Züchterin.

Zitat
„Meine Hündin Mini-Mii ist als Dritte in meinem D-Wurf geboren. Geburtsgewicht war 148 Gramm.
Die Hündin war von Anfang an sehr agil, ein kleiner Schrei-Welpe, die sehr häufig trank.
Nachts hat man sie auch schnell mal angelegt, damit schneller Ruhe war. Sie hat sonst sehr rumgequarkt, wenn sie die Zitzen nicht sofort gefunden hat.
Zugenommen hat sie dann in Relation zu ihrem Geburtsgewicht gut, sie holte aber ihre
Geschwister nie auf und blieb immer die Kleine.
In der ersten Woche nahm sie nur knapp 100 g zu (236 g), am Tag 18 hatte sie 546 g, mit 4 Wochen dann 1220 g und am Tag 46 2510 g.
Beim Fressen war die Hündin immer sehr agil und vorne mit dabei. Sie hat sich nie
verschluckt oder andere Probleme mit dem Fressen oder der Verdauung gehabt.
Kurz nach der Abgabe bekam die Hündin eine juvenile Zellulitis, später einen akuten Ileus und danach wurde ein Megaösophagus diagnostiziert.
Die Hündin musste dann mit Multiorganversagen eingeschläfert werden, zu diesem
Zeitpunkt sah sie bereits komplett fehlentwickelt aus. Sie war durchtrittig und hatte eine
Art „Wasserkopf“.
Eingeschläfert wurde sie mit 19 Wochen.“





Ein weiteres Dankeschön an die Besitzerin von Mini-Mii die mir bei einem Telefongespäch noch weitere Informationen über die Krankengeschichte von Mini-Mii geben konnte.
Die Besitzerin von Mini-Mii bestätigte mir bei einem Gespräch, dass die Kleine zunächst überhaupt keine Symptome zeigte. Sie regurgitierte nicht und benötigte daher auch keine Hilfen bei der Fütterung oder dem Saufen. Mini-Mii bekam bei ihrer neuen Besitzerin eine ganze Reihe anderer Erkrankungen und musste vor allem wegen einer „Juvenilen Zellulitis“ behandelt werden. Für die Behandlung wurde eine recht hochdosierte Kortison Kur angesetzt. Leider kam die Juvenile Zellulitis nach dieser Kur wieder zurück und machte eine zweite Kur erforderlich. Erst mit dieser erneuten Kortison Kur traten dann die Symptome des Megaösophagus auf und Mini-Mii fing an zu regurgitieren. Ein Röntgenbild machte die erweiterte Speiseröhre gut sichtbar. Zudem nahmen die behandelnden Tierärzte an, dass Mini-Mii unter der Addison Krankheit, wahrscheinlich verursacht durch die längere und hochdosierte Gabe des Kortison Präparats litt.
Die Blutwerte ergaben, dass Kalium-, Natrium, Chlor- und Wasserkonzentrationen aus dem Gleichgewicht waren (Elektrolytverschiebung), was recht typisch bei Addison ist. Besonders der niedrige Kaliumwert ließ die Tierärzte vermuten, dass es sich um Addison handelt. Der Megaösophagus ist oft ein Symptom der Addison Krankheit, d.h. Addison ist die Grunderkrankung und der Megaösophagus kann aus ihr entstehen. Im Fall von Mini-Mii konnte keine abschließende Diagnose mehr erfolgen, da sie durch den Elektrolytverlust metabolische Störungen bekam, die wiederum zu einem Ileus führten.
Mini-Mii musste daran operiert werden. Ihre Besitzerin erzählte mir, dass sich Mini-Mii beim ersten Wiedersehen in einem so schlechten Allgemeinzustand befand und auch wieder sofort mit dem regurgitieren begann, dass sie die schwere Entscheidung treffen musste und Mini-Mii erlösen ließ. Für das kleine Mädchen wurde alles getan und alles versucht, am Ende leider ohne Erfolg.


In Gedenken an Mini-Mii

WIE WIRD DER MEGAÖSOPHAGUS DIAGNOSTIZIERT?



Der Verdacht auf Megaösophagus ergibt sich aus der Anamnese und dem klinischen Bild. Durch Druck auf den Bauch kann sich die Speiseröhre im Hals sichtbar aufblähen.
In der Regel wird ein Röntgenbild des Brustkorbs erstellt. Das beste Bild wird erzielt, wenn der Hund hierfür vorher Kontrastmittel schluckt. Die Röntgenaufnahme zeigt, eine mit Luft und/ oder Futter gefüllte und geweitete Speiseröhre. Bei einem angeborenen oder erworbenen Megaösophagus ist eine gleichmäßige Weitung auf dem Bild zu sehen.



Bei einem persistierenden rechten Aortenbogen ist die Ausweitung der Speiseröhre nur vor der Engstelle zu sehen. In manchen Fällen muss eine Endoskopie durchgeführt werden.





WELCHE LEBENSERWARTUNG HAT EIN HUND (WELPE) MIT EINEM MEGAÖSOPHAGUS ODER SOLLTE ER EINGESCHLÄFERT WERDEN?




Diese Entscheidung sollte der Züchter oder Hundebesitzer in jedem Fall individuell am Einzelfall treffen und mit dem Tierarzt absprechen.

Langsames abmagern des Hundes und/ oder eine Lungenentzündung sind die zwei größten Folgeprobleme beim Megaösophagus. Gelingt es dem Besitzer nicht den Hund so zu füttern, dass das komplette Futter und Wasser in den Magen gelangen kann, wird er nicht mehr ausreichend versorgt und magert ab oder trocknet aus. Dies kann schließlich so lebensbedrohlich werden, dass der Hund eingeschläfert werden muss. Bei einer schweren Fremdkörper-Pneumonie, also einer Lungenentzündung durch Nahrungsreste, ist das Einschläfern meist eine Erlösung für den Hund (Welpe).

Der angeborenen Megaösophagus kann sich beim Welpen bis zu einem Alter von 6 Monaten, wie oben bereits beschrieben, spontan zurück bilden. Tut er das nicht, ist die Lebenserwartung eher gering.

Beim persistierenden rechten Aortenbogen gibt es recht gute Erfolgsaussichten bei einer rechtzeitigen Operation, wobei es auch hier zu Folgeproblemen kommen kann. Einige tiermedizinische Hochschulen oder Fachkliniken haben Erfahrungen mit diesem seltenen Eingriff.

Wird bei einem erworbenen Megaösophagus die Grunderkrankung entdeckt und behandelt, dann ist der Heilungserfolg ausschlaggebend, ob die Speiseröhre wieder normal funktionieren kann.

Laut einer Studie von Schönfelder, Schönfelder, Neiger über die Überlebensdauer bei verschiedenen Formen des caninen Megaösophagus, ist es ein Krankheitsbild mit fraglicher Prognose. Im Durchschnitt ist die Überlebenszeit drei Monate nach Diagnosestellung. Bis zu 20 % der Patienten können jedoch wesentlich länger überleben. Laut Studie mehrere Jahre. Die Form des Megaösophagus hat im Gegensatz zum Alter bei der Diagnosestellung keinen Einfluss auf die Überlebensdauer.

Ein Leben mit dem Megaösophagus bedeutet ein lebenslanges Behandeln zur Milderung der Symptome

LINDERUNG DER SYMPTOME



Im Wesentlichen beschränkt sich die Behandlung zur Linderung der Symptome darauf verschiedene Futterkonsistenzen und Fütterungsarten auszuprobieren und für den jeweiligen Hund ein individuelles Konzept zu entwickeln. Jeder Hund reagiert anders.

FUTTERKONSISTENZ



Welche Futterkonsistenz der betroffene Hund am besten verträgt, kann der Hundebesitzer nur ausprobieren. Während die einen sagen, Trockenfutter und halbfeuchtes Futter in Kroketten-Form sei tabu, machen die anderen, zumindest mit gut eingeweichtem Trockenfutter die besten Erfahrungen.

Einige Hunde kommen nur mit Futter zurecht, welches die Konsistenz einer Suppe hat. Andere wiederum besser mit Stücken, eingeweichtem Trockenfutter, Barf oder Dosenfutter, welches auch mit der Gabel zerdrückt und mit Wasser vermischt werden kann.

Allgemein gilt aber, dass eine weiche Konsistenz des Futters notwendig ist, damit die Nahrung gut und leicht durch die Speiseröhre in den Magen gelangen kann. Dazu eignet sich natürlich besonders gewolftes Frischfleisch nach der Barf-Methode oder püriertes Nassfutter aus der Dose. Viele Hundebesitzer geben dem Futter zusätzlich aufgequollene Leinsamen hinzu, damit das Futter noch besser durch die Speiseröhre gleitet.

Auf einschlägigen Seiten wird empfohlen Futter mit hohem Frischfleischanteil, hochwertigen Nährstoffen und Energielieferanten zu wählen. Auf die Zugabe von Ölen, so wie es beim Barfen üblich ist, sollte verzichtet werden, da sich ölige Konsistenzen leichter in die Luftröhre verirren.

Den Hundebesitzern wird empfohlen sich einen geeigneten Futterplan von einem Experten für Hundeernährung erstellen zu lassen.

FÜTTERUNG MEHRERER KLEINERER PORTIONEN



Die Fütterung sollte in mehreren kleinen Portionen über den Tag verteilt werden, da viele Hunde bei zu großen Portionen regurgitieren. Für die Speiseröhre ist es schonender, wenn die Futterration über den Tag verteilt, in kleinen Portionen verabreicht wird. Es kann hilfreich sein die letzte Portion spät abends zu füttern, da so ein nächtliches Regurgitieren vermieden werden kann.

ERHÖHTE FÜTTERUNG



Eine erhöhte Fütterung ist die aller wichtigste Maßnahme für eine Besserung der Symptome. Damit das Futter direkt in den Magen des Hundes rutschen kann, ist bei der Fütterung eine erhobene Haltung des Kopfes, Hals und Oberkörpers nötig. Die Fütterung erfolgt entweder in sitzender Position oder auf den Hinterläufen stehend. Der Hund wird überkopf aus der Hand gefüttert. Dies gelingt z.B., wenn man hinter dem Hund steht und dieser nach oben schaut. Manche Hundebesitzer füttern auf einer Treppe. So rutscht die Nahrung gut durch die Speiseröhre in den Magen.

Bei vielen Hunden kommt erschwerend hinzu, dass sie auch in erhöhter Position trinken müssen, da sie sonst auch das Wasser regurgitieren. Manche Hunde vertragen überhaupt kein Wasser. Hierauf komme ich weiter unten noch einmal zurück.

Hilfe kann auch ein spezieller Stuhl bieten, der sogenannte „Bailey’s Chair



HALTEN IN AUFRECHTER POSITION NACH DEM FRESSEN UND/ ODER SAUFEN



Nach dem Fressen und/ oder Trinken muss der Hund ebenfalls eine Position einnehmen, in welcher er sitzend oder auf den Hinterläufen stehend gehalten werden kann. Also eine Kopf-Oben-Position. Auch hier kann der Bailey’s Chair hilfreich sein. Ein leichtes Klopfen auf den Brustkorb kann helfen. Einige Hunde müssen nur wenige Minuten aufrecht gehalten werden bis sie Rülpsen/ Aufstoßen, andere bis zu einer halben Stunde oder länger. Anfangs kann es schwierig sein den Hund aufrecht zu halten, in der Regel gewöhnt er sich aber recht schnell daran.

SCHLAFEN IN ERHÖHTER POSITION



Viele Hunde regurgitieren oft nachts oder würgen früh am Morgen einen weißlichen Schleim oder würgen trocken. Grund hierfür ist, dass sie zu niedrig schlafen. Eine Fütterung am späten Abend und das Schlafen in erhöhter Position können Abhilfe schaffen. Das Schlafen in einem „Donut“ hat sich als hilfreich erwiesen. Hier können Kopf und Brustkorb des Hundes erhöht liegen. Viele Hundebesitzer nähen den Donut selbst aus einem Stillkissen, um möglichst individuell für den Hund den perfekte Donut zu basteln.

KEINE SNACKS, KEINE LECKERLI, KEINE KAUKNOCHEN



Viele der betroffenen Hunde vertragen keine Snacks, Leckerli oder Kauknochen. Die Gefahr, dass sich davon etwas in die Luftröhre verirrt ist groß und kann lebensgefährlich werden. Daher greifen viele Hundebesitzer alternativ auf Leberwurst aus der Tube zurück.

WASSER



Wie weiter oben bereits beschrieben, vertragen viele Hunde das normale Trinken von Wasser nicht. Hier muss man entweder das Futter mit genügend Wasser anmischen, Eiswürfel oder Gelatinewürfel füttern (eventuell auch z.B. eingefrorene Hühnerbrühe) oder eine Hasentränke für den Hund umbauen. Auch dies muss alles in erhöhter Position verabreicht werden.

Fazit



Es gibt wahrscheinlich viele Hunde, bzw. Welpen die an einem Megaösophagus leiden und bald eingeschläfert werden müssen, aber es gibt auch Hunde und deren Besitzer die damit leben. Bei einigen Welpen und Junghunden bildet sich der Megaösophagus spontan zurück und einige Hunde können erfolgreich operiert werden. Es gibt Selbsthilfegruppen in denen sich die Besitzer gegenseitig Tipps geben und sich Mut machen. Einige treffen sich hier in dieser Facebook-Gruppe

Solltet ihr weitere Fragen zum Thema haben, dann könnt ihr sie im Forum stellen.

Falls Ihr Erfahrungen mit dem Megaösophagus bei Euren Hunden oder Welpen gemacht habt, wären wir über eine Rückmeldung sehr dankbar. Wir möchten immer auf dem aktuellsten Stand bleiben und sind daher an Informationen und Daten sehr interessiert. Um genauere Angaben machen zu können, z.B. wie stark der Belgische Schäferhund von Krankheiten (z.B. dem Megaösophagus) betroffen ist, brauchen wir Eure Hilfe. Alle Angaben werden von uns streng vertraulich behandelt.

Warum ist das so wichtig?
Weil der angeborene Megaösophagus und der persistierende rechte Aortenbogen, wie sehr viele andere Krankheiten erblich bedingt sind und sich schnell in eine Rasse manifestieren können. Wird festgestellt, dass eine Krankheit doch öfter vorkommt als angenommen, kann früh genug versucht werden diese Krankheit wieder auszuschleichen. Im Idealfall liegt dann schon genügend Blut von betroffenen Tieren und deren Eltern in Bern (Bern, da diese Uni unser Ansprechpartner ist), oder in anderen geeigneten Unikliniken. Nur so können Studien gestartet werden, die für die Zukunft auf Gentests oder andere Hilfe hoffen lassen.





Quellen:

Fallbeispiel Nr. 1, Tierarzt und Besitzer anonym

Fallbeispiel Nr. 2, Malinois Züchterin anonym

Fallbeispiel Nr. 3, Malinois Züchterin und Besitzerin anonym

Weblinks:
kleintierchirurgie.ch/wp-content/uploads/2018/04/persistierende-Rechtsaorta.pdf
tierarztpraxis-rogalla-rummel.de
tierklinik-trillig.de/service/wissenswertes/addison-hypokortizismus-beim-hund/
sat.gstsvs.ch/fileadmin/media/pdf/archive/2011/05/SAT153050236.pdf
zora.uzh.ch/id/eprint/124160/1/Kook_2016_Megaoesophagus.pdf
edogs.de/magazin
karin-van-spaendonk.de/info/mega%C3%B6sophagus-beim-hund/
wikipedia.org/wiki/Mega%C3%B6sophagus
tageblatt.lu/
tierklinik-posthausen.de/

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