Rollballen beim Hund
05.01.2024 18:12

von Hannelore Fritz

Die Hundepfote – ein vielfach unbeachteter Teil der Hundeanatomie, dem aber viel mehr Beachtung geschenkt werden sollte.



Die Bodenhaftung und die Stabilität beim Laufen, Stoßdämpfung beim Springen, der Halt beim Bremsen, die Tastempfindlichkeit bei verschiedenen Untergründen und das Schwitzen sind nur einige der wichtigen Funktionen der Hundepfote.

Die Haut der Pfotenballen ist 50-mal dicker als die Haut des restlichen Körpers. Die Pfoten haben viele Blutgefäße, jeder kennt es, wie sehr es blutet, wenn die Pfote verletzt ist. Die Hundepfote enthält venöse und arterielle Gefäße, welche miteinander verflochten sind, aber verschiedene Aufgaben haben. Die Natur hat es so eingerichtet, dass sich die Arterien in den Ballen der Hundepfoten in unmittelbarer Nähe der Venen befinden. So kann sauerstoffreiches Blut aus dem Körper das Blut, welches mit der kalten Oberfläche in Berührung gekommen ist erwärmen, bevor es in den Körper des Hundes zurückfließt. Dadurch bleiben die Pfoten und die Organe bei einer stabilen Temperatur, der Hund friert nicht an den Pfoten.

Über die Pfoten schwitzen die Hunde und regulieren ihre Temperatur, sie haben an ihren Pfoten Duftdrüsen, mit denen sie im wahrsten Sinne des Wortes „Spuren hinterlassen“.
Der Handwurzelballen befindet sich lediglich an den Vorderläufen und hilft dem Hund beim Bremsen.
Die Pfote besteht aus dem vorderen und hinteren Fußwurzelgelenk, angrenzend an Elle und Speiche und dem Erbsenbein. Es folgt der Mittelfußknochen (vorderer und hinterer), sowie das Krallenbein und die Zehenglieder. An der Hinterpfote befindet sich noch das Fersen- und das Sprungbein.
Alle Knochen der Pfote werden von einer Reihe von Bändern stabilisiert.

Hunde sind wie viele andere Tiere „digitigrade Säugetiere“, auch Zehengänger genannt. Zehengänger bewegen sich schneller und leiser, was gerade bei einem Jäger wichtig ist.
Die Muskeln und Sehnen der Hundepfote dienen der Bewegung, der Stabilität und dem Greifen / Kratzen / Buddeln.

Die Pfotenballen bestehen aus konischen Papillen, einer ährenartigen Struktur, die an der Spitze mit einer starken Verhornung endet. Die Papillen halten eine isolierende Luftschicht zwischen der Polsteroberfläche und dem kalten Untergrund zurück. Das Hauptprotein, aus dem die Pfotenballen bestehen ist Keratin, das gleiche Protein, aus dem auch Haut, Haare und Nägel bestehen. Unter der Haut befindet sich eine dicke Fettgewebeschicht, welche als Stoßdämpfer dient und ebenfalls wärmeisolierend wirkt.

Die Mittelhandballen sind die am stärksten belasteten Ballen. Die äußeren Pfotenballen, auch proximale Phalangen genannt, helfen beim Gleichgewicht und greifen.
Auf diese äußeren Zehenballen kommen wir gleich zurück, denn diese können zu den sogenannten Rollballen werden.

Dennoch muss noch auf die Krallen eingegangen werden, welche im Gegensatz zu den menschlichen Fingernägeln zwar auch aus Keratin bestehen, jedoch direkt aus dem Knochen wachsen und Nerven enthalten. Daher ist das Trimmen der Krallen nicht ganz ungefährlich, um keine Blutgefäße zu verletzen.

Zwischen den Pfoten haben einige Rassen deutliche Schwimmhäute, die beim Schwimmen sehr nützlich sind.



Die Rollballen


Bei einer normal aufgestellten Pfote steht der Hund komplett auf den Ballen, die Zehenballen sind nicht zu erkennen. Bei Rollballen sind die Zehenballen von der Seite und vorne sichtbar, sie sind sozusagen „hochgerollt“. Dadurch verlagert der Hund sein Gewicht nach hinten und belastet hauptsächlich die Sohlenballen.

Die Ursache für Rollballen liegt in der mangelhaften Zehenpolsterung. Dadurch hat der Hund keinen festen Stand, weil die Polster / Zehen zu klein sind und größtenteils keine Bodenhaftung haben. Durch die veränderte Belastungsachse flacht die Pfote mehr ab, die Zehen spreizen sich, eine Fehlbelastung (inkl. der weiterführenden Probleme / Arthrose / veränderter Stand etc.) ist vorprogrammiert. Bei den extremen Fällen ergibt sich dadurch eine Feststellung der Sprunggelenke, wodurch sich das komplette Gangbild verändert und weitere Probleme entstehen.



Bei schwerwiegenden Fällen ist der Gang nicht mehr federnd, die Sprungkraft erheblich eingeschränkt.
Die Ursache der mangelnden Zehenpolsterung ist noch nicht bekannt, in den von mir genutzten Quellen wird lediglich darauf hingewiesen, dass Züchter bei Rollballen ihres Zuchthundes auf die Pfoten des Zuchtpartners sehr viel Wert legen sollten, damit sich das Problem nicht verschlimmert.
Sehr oft wird dieses „Problem“ auch erst bei einem Physiotherapeuten erkannt, der sich wesentlich mehr mit der Pfote selbst auseinandersetzt.
Eine Operation oder anderweitige Problembehandlung ist bisher nicht bekannt. Man kann lediglich durch Übungen aus der Physiotherapie die Pfote stabilisieren und den Bewegungsapparat mit Zusatzmitteln (Kollagen o.ä.) unterstützen. Eine gute Gesamtmuskulatur ist ebenfalls hilfreich, um die Pfote zu stabilisieren.

Fallbeispiel beim Malinois

In unserem Fall wurde die „Diagnose Rollballen“ zufällig bei dem Besuch der Gangwerkstudie bei einem Malinoisrüden mit 13 Monaten festgestellt.
Zuvor ist bei dem Hund nicht als Welpe oder bei der Aufzucht als Junghund niemanden eine Fehlentwicklung aufgefallen, der Hund hat in seinem ersten Lebensjahr keinerlei Probleme gezeigt, war stets umwelt- und trittsicher und sehr sprunggewaltig.

Auch jetzt hat der Rüde keinerlei Einschränkungen beim Laufen, Bremsen, Wenden oder Springen. Allerdings beschränken sich die Rollballen auch nur auf die Hinterpfoten, die linke Pfote stärker, als die rechte Pfote. Er wurde nach der eindeutigen Diagnose (siehe Video) auf Empfehlung einer Physiotherapeutin vorgestellt und darf nun mehrfach pro Woche kleine Übungen auf Igelbällen absolvieren, um die gesamte Pfote, insbesondere die Sehnen und Bänder zu stabilisieren. Zusätzlich erhält er Kollagen, um die Sehnen und Bänder bestmöglich mit Nährstoffen zu versorgen.



Der betreffende Rüde hat z. Zt. keinerlei Probleme mit dem Gangbild und ist extrem sprunggewaltig.

Quellenangaben:
„Welpentest und Hundeanalyse“ von Doris Walder, Eva Holdereggerl u. Pat Hastings
https://www.mammaly.de/blogs/ratgeber



Informationen zu diesem Artikel
  • Erstellt von: Astrid Hübner
    Kategorie: Gesundheit
    05.01.2024 18:12:00 Uhr

    zuletzt bearbeitet: 21.02.2024 15:00
  • Keine Kommentare
Kommentare
Es wurden noch keine Kommentare erstellt

Der Captcha wurde falsch eingeben.

Sie haben zu viele Bilder in Ihrem Beitrag. Maximal dürfen Bilder verwendet werden.

Sie haben zu viele animierte Bilder in Ihrem Beitrag. Maximal dürfen animierte Bilder verwendet werden.

Ein in Ihrem Beitrag verwendetes Bild überschreitet die zulässige Breite, die vom Administrator des Forums festgelegt wurde. Die maximal erlaubte Breite sind Pixel.

Ein in Ihrem Beitrag verwendetes Bild überschreitet die zulässige Höhe, die vom Administrator des Forums festgelegt wurde. Die maximal erlaubte Höhe sind Pixel.

Der eingegebene Text ist zu lang (maximal 65.500 Zeichen).

Sie dürfen erst in Tagen Links zu externen Webseiten posten.

Sie dürfen erst nach Beiträgen Links zu externen Webseiten posten