Staphylokokken/Streptokokken – Mischinfektion
15.09.2022 16:46

von DR. MED. VET. SUE CHANDRARATNE

Staphylokokken und Streptokokken besiedeln normal die Haut und Schleimhäute („harmlos“), häufig ohne eine klinische Symptomatik oder Erkrankung eines Hundes.
Diese Bakterien können jedoch bei einem schwachen Immunsystem Erkrankungen der Atemwege, Harn- und Geschlechtsorganen, Haut und Milchdrüsen sowie des zentralen Nervensystems hervorrufen und sind ursächlich an Fruchtbarkeitsstörungen oder Gebärmuttervereiterung (Pyometra) der Hündin beteiligt. Zudem können sie eitrige Prozesse der Haut und bei Welpen Nabelentzündungen bis hin zur Blutvergiftung hervorrufen.

BAKTERIELL BEDINGTE ERKRANKUNGEN DER WELPEN



In der Hundezucht sind Neugeborenenverluste beträchtlich. Verluste schwanken in Statistiken zwischen 20 – 30 %, wobei hier bei manchen Würfen eine Sterblichkeit von 80% bzw. 100% festgestellt wurde. Nahezu die Hälfte aller Erkrankungsfälle in den ersten 2 bis 3 Lebenswochen kann dem Komplex der bakteriellen Infektionen und Septikämien (Blutvergiftungen) zugeordnet werden. Bei Organuntersuchungen verendeter Welpen konnte hautsächlich Staphylokokken, Streptokokken, Escherichia coli und Pasteurella nachgewiesen werden.
Ein großer Teil neugeborener Welpen stirbt durch ein Zusammenwirken von an sich „harmlosen“ Keimen (opportunistische Problemkeime, z.B. Staphylokokken, Streptokokken) und durch Hinzutreten von nichtmikrobiellen, infektionsfördernden Faktoren der Umwelt wie ungünstige Temperatur, Haltungsfehler, Milchmangel oder Erkrankungen der Mutter.
Das toxische Milchsyndrom ist eine weitere Todesursache für Welpen. Nachgeburtliche Störungen des Muttertieres wie unzureichende Rückbildung der Gebärmutter oder Entzündungen der Gebärmutter mit bakterieller Infektion werden dafür verantwortlich gemacht. Toxine aus diesem Infektionsherd gelangen in die Muttermilch und hemmen die Darmperistaltik der Welpen.

INFEKTIONSWEGE



Bei Erregerbelastung eines Partners kann es beim Deckakt zur Keimübertragung des Muttertiers kommen. In der Regel resultiert aus dieser Keimübertragung eine Infektionskrankheit nur dann, wenn ein potenzieller Infektionserreger auf eine verminderte körpereigene Abwehr trifft.

Staphylokokken und Streptokokken können bereits in der Gebärmutter oder durch den infizierten Geburtskanal auf die Welpen übertragen und führen in hohem Maße zum Tod des Welpen durch die entsprechende Keimart.

Zeitlich laufen infektiöse Erkrankungen bei Neugeborenen in zwei Phasen ab:
Die erste Phase ist der Kontakt mit all den Erregern der Mutter, die über die Geburtswege und über das Kolostrum keimtragender Muttertiere auf das Neugeborene übertragen werden können.
In der zweiten Phase ist der Kontakt des Neugeborenen mit den Keimen, die in der Umwelt zur Zeit der Geburt anwesend sind. Sie können von der Mutter, von älteren
Artgenossen, aber auch von anderen Tierarten und vom Menschen stammen.

Bei der bakteriologischen Untersuchung weist das Muttertier als potenzielle Erregerquelle in vielen Fällen das gleiche Keimspektrum in der Milch oder im Vaginalsekret auf wie der verendete Welpe, ohne dass klinisch relevante Symptome bei der Mutter auftreten müssen. Eine subklinische Mastitis (Brustentzündung) kann eine Gefährdung der Welpen sein, da sie sich über die Milch infizieren können. Jedoch sind die aus der Milch isolierten Keime nicht immer als alleinige Ursache für eine Erkrankung der Welpen zu sehen, sondern vielmehr die dauernde Auseinandersetzung mit Keimen und Toxinen aus der Milch, die die Immunität des Jungtieres schwächen.

FALLBEISPIEL



Während der Läufigkeit wurde bei einer zu belegenden Hündin eine bakteriologische Untersuchung eines Vaginaltupfers durchgeführt. Es konnten keine Erreger nachgewiesen werden. Nach dem Deckakt wurde nicht erneut eine BU durchgeführt.
Am 62 Trächtigkeitstag warf die Hündin 4 Rüden und 6 Hündinnen. Es war eine normale, komplikationslose Geburt. Bei der Geburt des 8. und 9. Welpens konnte der Züchter einen stinkenden und beißenden Geruch feststellen, der auch noch Tage nach der Geburt zu riechen war.

Am ersten Tag zeigten alle Welpen ein normales Gewicht und gute Aktivität.
Am Morgen des zweiten Tags waren drei Welpen kalt (Unterkühlung) und verendeten trotz aller Maßnahmen des Züchters später. Es wurde sofort eine bakteriologische Untersuchung eines Vaginaltupfers bei der Mutterhündin durchgeführt und ein starker bakterieller Befall festgestellt. Daraufhin wurde nur die Mutterhündin mit Synulox (Antibiotikum) zuerst gespritzt, dann mit Tabletten behandelt, die Welpen jedoch nicht. Am Bauch der Welpen konnten eitrige Pickel festgestellt werden (siehe Bild).



In der Nacht zum dritten Tag verendeten zwei weitere Welpen. Es wurde direkt mit der Behandlung aller Welpen mit Synulox begonnen (jeden Tag gespritzt). Ein weiterer Welpe verendete, die restlichen 4 Welpen überlebten.

Zwei verendete Welpen wurden zur Untersuchung in Pathologie geschickt.

PATHOLOGISCHE UNTERSUCHUNG WELPEN



Als Todesursachen wurden folgende Befunde mitgeteilt: Herz-Kreislauf-Versagen durch hochgradige Lungenentzündung, wenige weiße Blutkörperchen, eitrige Hautentzündung und Nabelentzündung, mittelgradige Darmentzündung

ERFAHRUNGEN



• Alarmsignal: beissender/stinkender Geruch bei Geburt
• Bei Infektion Mutterhündin müssen Welpen sofort mitbehandelt werden
• Schnellere Antibiose-Aufnahme durch Spritzen statt Tabletten
• ggf. Abstrich Milchtupfer jeder Zitze nehmen und diese bakteriologisch untersuchen lassen
• Stärkung des Immunsystems der Mutter zur Geburt
• Verstorbene Welpen – pathologische Untersuchung (Kühl lagern – nicht einfrieren)

Zunehmend auftretende Resistenzen bei bakteriellen Pathogenen betreffen sowohl die Human- als auch die Veterinärmedizin und sind als weltweites Problem anzusehen. Haustiere können als Reservoir für resistente Bakterienstämme und bakterielle Resistenzgene fungieren und eine Quelle für humanmedizinisch bedeutsame Resistenzen darstellen. Eine antimikrobielle Therapie sollte demnach immer nach strenger Indikationsstellung und nur bei
Vorhandensein einer bakteriellen Infektion (nicht Besiedelung) mit einem optimal
dosierten Wirkstoff erfolgen. Daher ist eine prophylaktische Behandlung der Mutterhündin mit einem Antibiotikum vor der Geburt aufgrund von Resistenzbildung abzulehnen.

Das Thema wurde auf dem ersten Webinar „Zucht und Gesundheit beim Malinois“ vorgestellt. Hier findet ihr nochmal alle Fragen und Antworten.


Zitat
War bei der Mutterhündin eine Primärinfektion in Form einer Mastitis oder einer genitalen Infektion klinisch?



sie war wegen so etwas vorher nie in behandlung

Zitat
Haben mehere Züchter es erlebt? Gibt es Statistik?



ich habe mich dazu mit 10 züchtern unterhalten und ein einziger hatte das. Eine offizielle Statistik ist mir nicht bekannt.

Zitat
Kann man prophylaktisch irgendetwas tun ?



Vaginaler Abstrich (Bakterielle Untersuchung) vor dem Werfen würde noch mal Gewissheit geben. Antibiose standard mäßig zu geben halte ich für nicht gut.

Zitat
Mit Synulox mitspritzen ?? Die Welpen?



ja. mutter und welpen. einmal täglich über 14 tage.

Zitat
Kam es in diesem Fall vom Deckrüden oder die Hündin? Kann man bei dem Hund vorher Symptome sehen?



von wem es kommt kann ich nicht sagen aber es war vorher nicht zu erkennen was auf uns zukommt. entscheidend war dann der beissende geruch beim werfen.

Zitat
Reicht für die Pathologie die Kühlung im Kühlschrank?? In der Pathologie sind die Kühlungen doch kälter, als ein HausKühlschrank



Kühlschrank für bis zu maximal 3 tage war kein problem

Zitat
In der Humanmedizin wird auf Streptokokken Befall während der Schwangerschaft kurz vor Geburt getestet und dann noch während der Schwangerschaft behandelt. Vielleicht auch eine Möglichkeit beim Hund.



hey, ich denke auch das man bei einem abstrich vor dem werfen bereits gesehen hätte das ein hoher befall vorhanden ist…

Zitat
Wie geht man vor wenn man den Vorschlag von dem Tierarzt vornimmt und die Zitzen abgklebt? Muss da auf sowas wie Milchstau achten oder abpumpen?



Immer in Abspache mit dem Tierarzt. Man muss die Ziten dann ausdrücken, sonst kann sie sich entzünden..

Zitat
habt ihr den Rüden vorm decken gespühlt?



Nein, der Rüde wurde nicht gespült. Zur Übertragung von baktieriellen Infektionen gibt jedoch es mehrere Studien. In der Regel resultiert aus der Keimübertragung über den Deckakt nur dann eine Infektionskrankheit, wenn ein potentieller Infektionserreger auf eine verminderte körpereigene Abwehr trifft. Bei Streptokokken kann der Rüde diese aufnehmen, wenn er eine
infizierte Hündin deckt. Nach Meinung des Autors können die Streptokokken
im Genitaltrakt des Rüden jedoch nicht überleben und sterben innerhalb von 48 Stunden ab. Seinen Untersuchungen zufolge sind Rüden nur passive Überträger dieser Erreger, daher kann ein Rüde nur innerhalb von 48 Stunden nach dem vorherigen Deckakt mit einer infizierten Hündin eine andere Hündin beim Decken infizieren.
Eine Kontamination beim Deckakt sei sowieso nicht zu verhindern, da der Penis vor dem Einführen in die Vagina mit dem Fell der Hündin und auch der Umgebung in Berührung kommen kann.

Quelle: https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&...rl_jQyn0ABDaDSG

Zitat
dann wäre ein keimabstrich nach Belegung deiner Meinung nach sinnvoll?



das bringt sicherlich noch mal zusätzliche gewissheit. für mich ist der geruch beim werfen demnächst ausschlaggebend

Zitat
hast du die Hündin nochmal belegen lassen ? ging dabei alles gut ?



bisher noch nicht. werde ich aber nächstes jahr machen.

Zitat
kann man hier vorbeugend während der Trächtigkeit irgendwelche Maßnahmen ergreifen?



Das Immunsystem sollte in Absprache mit dem behandelnden Tierarzt gestärkt werden.

Zitat
kann man tragende Hündinnen nicht prophylaktisch mit Antibiotikum vor dem Werfen behandeln



Dies ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht gerechtfertigt, da einerseits das
physiologische Verhältnis zwischen Erreger und Organismus gestört wird, und andererseits
Mikroorganismen (welche natürlich vorkommen) mit schützender Funktion gehemmt werden. Eine antimikrobielle Therapie sollte aufgrund sich bildender Resistenzen immer nur nach strenger Indikationsstellung und nur bei Vorhandensein einer bakteriellen Infektion (nicht Besiedelung) mit einem optimal dosierten Wirkstoff erfolgen. Daher ist eine prophylaktische Behandlung der Mutterhündin mit einem Antibiotikum vor der Geburt aufgrund von Resistenzbildung abzulehnen.

Zitat
Hattest du nach der Infektion mit einer weiteren Hündin die gleichen Probleme?



Nein, ich hatte in der gleichen Wurfbox danach wieder einen Wurf und die Hündin hatte keine Probleme mit einer bakteriellen Infektion.





Quellen:

https://www.springermedizin.de/emedpedia...-662-49546-9_11

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&...rl_jQyn0ABDaDSG

https://www.bellfor.info/pyodermie-beim-hund

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&...a5KMYI_0I7Bm4rs

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