Wolfiness. Ein Blick in die Vergangenheit.
24.08.2022 17:54

von Alexandra Ritter

Wolfiness (Wolfigkeit) ist die Bezeichnung, die Embark für einen Wert gewählt hat, welcher die Höhe an netten, alten genetischen Varianten eines Hundes bestimmt, die aus einer Zeit stammen, in der Menschen und hundeartige Caniden erstmals zusammen lebten. Diese alten genetischen Varianten, die im Wert von "Wolfiness" festgehalten werden, stammen noch aus der Zeit der Domestizierung.

Domestikation beschreibt den Prozess, in dem Wildtiere zu Haustieren werden. Im Fall unserer Hunde, wie der Wolf zum Hund wurde. Die Domestizierung wird von verschiedenen Forschern auf bis zu 40.000 Jahren zurück datiert. Nach neusten Erkenntnissen, "zähmten" wir Wölfe einmal in Asien und einmal in Europa. Ein Teil dieser wilden Vergangenheit hat in unseren Hunden überlebt und diese alten Gene können bereits tausende von Jahren alt sein oder sogar auf das ursprüngliche Domestizierungsereignis von vor mehr als 15.000 - 40.000 Jahren zurück gehen. Wie viele dieser alten Genvarianten in einem Hund überlebt haben, bemisst Embark auf einer Skala von 0 - 10 Prozent, da ein Wolfinesswert unter 10 Prozent fast immer auf alte Wolfsgene zurückführt.
Die meisten Hunde haben Wolfinesswerte von einem Prozent oder weniger. Gelegentlich werden Populationen und Rassen mit höheren Werten von 2 bis 4 Prozent und einzigartige Hunde mit Werten von 5 Prozent gefunden. Selten findet man Hunde mit einem noch höheren Wolfinesswert.



Wolfiness zählt zu einem der Hauptforschungsinteressen der Gründer von Embark. Sie untersuchen, wie Hunde genetisch, auf Ebene ihrer DNA, von Wölfen abweichen. Auf dem Genom des Hundes gibt es dutzende Regionen, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eine sehr wichtige Rolle bei der Domestizierung von Hunden spielen. Sie werden als Domestikationskandidatenregionen oder auch CDR bezeichnet und weisen sehr unterschiedliche Muster der genetischen Vielfalt bei Hunden und Wölfen auf. Durch unterschiedliche Marker in diesen Regionen ist es Embark gelungen für jeden Hund eine Wolfiness/ Wolfigkeit zu berechnen. Der Wolfinesswert eines Hundes basiert auf hunderten von Markern im gesamten Genom, bei denen Hunde gleich sind, Wölfe jedoch tendenziell unterschiedlich. Einfach ausgedrückt, wird im Wesentlichen bemessen wie viele Marker eher "Wolfiness" als "Doggyness" sind. Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Marker mit den Domestikationsgen-Sweeps zusammenhängen und die früheren hundeartigen Caniden von Menschen schon nach bestimmten Merkmalen ausgewählt wurden. Werden extremere Phänotypen gegenüber anderen bevorzugt, verschiebt sich die Allelfrequenz im Laufe der Zeit in Richtung des extremeren Phänotyps. Sind solche Allelfrequenzverschiebungen vorteilhaft für Lebewesen, dann werden sie sich in den weiteren Generationen durchsetzen. Man nennt es Selektionsvorteil (Darwin). Manchmal findet Embark noch Hunde, die eine alte Variante an einem bestimmten Marker tragen, wo Assoziationen mit Verhalten, Größe, Stoffwechsel und Entwicklung hergestellt werden können, die wahrscheinlich diese einzigartige Signatur von „Doggyness“ verursacht haben.

Eine schwedische Forschergruppe hat hierzu eine interessante Entdeckung gemacht. Sie haben das Genom von Wolf und Hund verglichen und haben Gene im Bereich der Gehirnentwicklung und Verdauung gefunden, die erahnen lassen, was während der Domestizierung passiert ist. Es gab eine bedeutsame Veränderung im Erbgut was die Verdauung anging, vor allem bei der Stärkeverdauung und dem Fettmetabolismus. Eben diese Fähigkeit hat den Hundevorfahren eine entscheidende Kompetenz mit auf den Weg gegeben, denn Menschen wurden sesshafter und begannen mit Ackerbau, daher standen Mahlzeiten mit hohem Stärkeanteil häufiger auf dem Speiseplan. Tiere, die diese auch verdauen konnten, profitierten in einer Lebensgemeinschaft mit dem Menschen davon. Daher nehmen Wissenschaftler an, dass die Fähigkeit, Stärke zu verdauen, ein entscheidender Schritt in der Domestikation des Hundes war. Ein anderer entscheidender Schritt war die Gehirnentwicklung der Hundevorfahren, die zahmer, lernfähiger und kommunikativer als der typische Wolf wurden und sich daher mehr für das Zusammenleben mit dem Menschen eigneten.

Die Domestikation des Hundes – Eine Frage der Verdauung? - Schweizer Hunde Magazin



Hund-Wolf-Hybridisierungen können übrigens deutlich von Wolfiness unterschieden werden und spiegeln sich bei Embark im Rassenergebnis wieder. Sie werden hier als Wolfsmischlinge identifiziert.
Wolfiness ermöglicht Wissenschaftlern und Forschern also einen Blick in die Vergangenheit und trägt dazu bei mehr Informationen darüber zu erhalten, was während der Domestizierung geschehen ist. Es bleibt spannend, was die Geschichte der alten Wolfsgene weiter erzählen wird und Wissenschaftler entdecken. Vielleicht wird es in der Zukunft noch weitere Informationen auf einer anderen Ebene geben, wenn heute schon Hunde beobachtet werden, die alte Varianten an einem bestimmten Marker tragen, wo Assoziationen mit Verhalten, Größe, Stoffwechsel und Entwicklung hergestellt werden können. 

quellen:
embarkvet.com/frequently-asked-questions/
duncan-saudicanaandogs.blogspot.com/2019/
reddit.com/r/DoggyDNA/comments/65r0bw/unclear_on_what_embark_wolfiness_score_means/
Who Has Done the Embark DNA Test? Please Share The 'Wolfiness' Score Here | Anything Goes (tripawds.com)
spektrum.de/lexikon/biologie/domestikation/18994
repetico.de/card-50260892
wer-ist-fido.de/vom-wolf-zum-hund-domestikation-oder-artbildung/
welt.de/kmpkt/article206029147/Domestikation-Wann-Hunde-zu-unseren-besten-Freunden-wurden.html
deine-tierwelt.de/magazin/studie-der-hund-wurde-in-der-eiszeit-domestiziert/
hundemagazin.ch/die-domestikation-des-hundes-eine-frage-der-verdauung/

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